Zehnte Station – Jesus wird seiner Kleider beraubt
Kleider können Ausdruck des Stolzes und der Eitelkeit sein. In seinem Ursprung aber ist das Kleid für den Menschen eine zweite Haut, ein Schutz gegen Hitze und Kälte. Von alters her sind Kleider auch ein Schutz für die Würde des Menschen. Der von Dolchstößen durchbohrte Julius Cäsar raffte daher im Fallen noch die Toga, damit er als Toter schicklich bedeckt sei.
Jesus aber wird vor der Kreuzigung seiner Kleider beraubt. Dies ist Ausdruck völliger Enteignung. Dem Menschen, der im Reichtum sein Glück sucht, begegnet der Gottmensch mit leeren Händen.
Tenth Station: Jesus is stripped of His garments
Clothes can be an expression of pride and vanity. Originally, though, clothes were meant to be a second skin, protection against heat and cold. Since the beginning of time clothing was also protection for the dignity of man. Even Julius Caesar gathered up his robe while stumbling after he had been stabbed so as to preserve his dignity even in death.
Jesus was stripped of His garments before the crucifixion. This was an expression of complete dispossession. The God-man encounters those who seek their happiness in wealth with empty hands.
Dem im Zentrum stehenden Christus werden von zwei Knechten links und rechts von ihm die Kleider heruntergezogen. Soldaten würfeln um seinen Rock (wovon die Bibel aber erst zu einem späteren Zeitpunkt berichtet), Pharisäer schauen zu, und ein Junge mischt das Getränk für Christus. So erfährt die Entkleidungsszene eine erzählerische, aber auch symbolhaltige Erweiterung. In der distanzierenden, wandhaft ausgebreiteten Darstellung mit dem frontalen Christus im Zentrum einerseits und den an ihn ansetzenden und drängenden Kräften andererseits äußert sich die Verbindung von Andachtsbild und dramatisch realistischer Geschehensschilderung.
Betrachtungsgedanken: Dr. Egon Kapellari (Übersetzung/Translation: Heidi Steinwender); Dr. Rittinger
Erstellt am 13.2.2008