Die Darstellung konzentriert sich auf den Gekreuzigten sowie auf die wenigen Getreuen, die Erscheinung der Toten und die Sonnenfinsternis, somit also auf die Träger der moralisch vorbildlichen, symbolischen und universellen Gehalte. Dem entspricht auch der Bildausschnitt, durch welchen der das ganze Feld durchmessende Gekreuzigte in größtmöglicher Nähe und – entsprechend seiner Bedeutung – allein als Ganzfigur an den Betrachter heranrückt. So erscheint Christus zeichenhaft und monumental, und wir stehen auf gleicher Ebene mit den vom unteren Bildrand überschnittenen Figuren, also direkt unter dem Kreuz. Der Hauptmann, dessen Bekennertum zutiefst Führichs Wesen entspricht, vermittelt durch seine halbseitige Wendung vom Bildgeschehen zum Betrachter und ist Angelpunkt einer das Bild durchquerenden Aufwärtsbewegung, der sich die Einzelformen unterordnen. Der übergangslos von der Nahsicht des Vordergrundes zur Schemenhaftigkeit wechselnde Hintergrund bleibt symbolhafte Folie, in der die Bewegung der Vordergrundfiguren noch einmal leicht anklingt. So vereinigt dieses Bild das Kreuzigungsgeschehen, seine moralisch-symbolische Auffassung und die direkte Konfrontation mit dem Betrachter. Am Kreuzesstamm im Zentrum sitzt Maria, den Leichnam Jesu auf ihrem Schoß haltend, wobei sie links von Johannes unterstützt wird, während rechts weinende Frauen dicht an ihrer Seite lagern und dahinter Josef von Arimatäa und Nikodemus stehen. Nicht das äußere Geschehen der Abnahme vom Kreuz, an das nur durch Nebenmotive angeknüpft wird, sondern ein inneres hat dieses Bild zum Gegenstand: die Trauer um den von Maria präsentierten Leichnam. Nicht äußere, sondern innere Bewegung motiviert und leitet auch die sich nacheinander tief verbeugenden Figuren zu Christus und Maria als der ruhigen Mitte hin, um welche sie sich eng zu einer pyramidenartigen Formation zusammenschließen. So wird Christus in die historischen Träger der Trauer und damit in das Geschehen selbst optisch eingebettet, gleichzeitig aber auch direkt dem Betrachter dargeboten. |
Betrachtungsgedanken:
Dr. Egon Kapellari (Übersetzung/Translation: Heidi Fink-Steinwender); Dr.
Rittinger
Erstellt am 13.2.2008